
Managementsysteme mit KI-Power: vom Werkzeug zum intelligenten Partner.
Stellen Sie sich ein Managementsystem vor, das aktiv mitdenkt und Ihren Arbeitsalltag erleichtert. Eine Vision, in der Dokumentation mühelos entsteht und Ihr QM-System zum intelligenten Partner wird. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) ist dies keine Utopie mehr.
Doch wie kann KI die Prozessdokumentation automatisieren? Was ist ein „Digitaler Zwilling“? Wie wird dieser zum lebendigen Abbild Ihres Unternehmens? Und welche neuen Kompetenzen benötigen QM-Fachkräfte in dieser KI-gestützten Welt?
In der neuesten Folge unseres Podcasts „Podcademy Island“ diskutiert Moderatorin Rike Schulz diese Fragen mit einem führenden Experten: Dr. Carsten Behrens, Geschäftsführer von Modell Aachen GmbH, Experte für agile Managementsysteme und prozessorientierte Unternehmensführung.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung des inspirierenden Gesprächs – ein Vorgeschmack, der garantiert Lust auf die gesamte Podcast-Folge „Managementsysteme mit KI-Power“ macht.
Automatisierte Prozessdokumentation durch Speech Mining
Diese KI-gestützte Methode kombiniert Spracherkennung (Speech Analytics) mit Prozessanalyse (Process Mining), um gesprochene Sprache direkt in strukturierte und formale Prozessmodelle zu überführen. Damit stellt sie eine Revolution gegenüber den traditionellen, oft aufwendigeren Methoden dar.
Warum klassische Prozessdokumentation an ihre Grenzen stößt
Um zu verstehen, warum dieser Ansatz so wegweisend ist, lohnt ein Blick auf die Nachteile der bisherigen Verfahren:
- Interviews: Menschen zu befragen, ist oft der erste Schritt. Das Problem dabei ist, dass die Antworten subjektiv sind, von der Erinnerung abhängen und dadurch häufig unvollständig bleiben.
- Beobachtung: Prozesse direkt vor Ort zu beobachten, liefert zwar genaue Ergebnisse, ist aber extrem zeitaufwendig und damit für viele Unternehmen schlicht zu teuer.
- Klassisches Process Mining: Die Analyse digitaler Spuren in IT-Systemen ist zwar objektiv, erfordert aber hohe Investitionen und eine komplexe technische Vorbereitung der Daten. Das rechnet sich nicht für jeden Prozess.
Wie Speech Mining die Dokumentation neu definiert
Speech Mining umgeht diese Hürden, indem es den geringstmöglichen Aufwand erfordert: Ein Mitarbeiter kann einen Prozess, zum Beispiel einen Montageschritt, einfach während der Ausführung mit seinem Smartphone verbal beschreiben. Die KI wandelt die Sprache in Text um, formatiert diesen mithilfe von Tools wie ChatGPT zu einer sauberen Arbeitsanweisung und kann sogar passende Fotos automatisch den richtigen Schritten zuordnen.
Diese Automatisierung reduziert nicht nur den Dokumentationsaufwand drastisch, sondern erhöht auch die Genauigkeit und Aktualität der Prozessbeschreibungen erheblich. Fehler, die bei der manuellen Übertragung entstehen, werden vermieden, und das Wissen wird direkt an der Quelle erfasst. So wird eine detaillierte und präzise Prozessdokumentation erstmals wirklich wirtschaftlich.
Digitaler Zwilling: Das lebendige Abbild Ihrer Organisation
Die Effizienz und geringen Kosten von Speech Mining ermöglichen es, weitaus mehr Prozesse in einem viel höheren Detaillierungsgrad zu erfassen als je zuvor. Das Ergebnis ist mehr als nur eine Sammlung von Dokumenten: Es entsteht ein umfassendes, digitales Abbild der gesamten Organisation: ein sogenannter „Digitaler Zwilling“. Dieser Zwilling repräsentiert die komplette Prozesslandschaft, inklusive aller Arbeitsanweisungen, Vorgaben, Absprachen und Best Practices. Das Besondere daran ist seine Dynamik: Er ist kein statisches Archiv, sondern ein lebendiges System.
Wie der Digitale Zwilling Wissen in Echtzeit vernetzt
Wenn in einer Besprechung beispielsweise eine neue Regel beschlossen wird, wie die Erhöhung einer Freigabegrenze von 50 € auf 100 €, wird das Gespräch transkribiert. Die KI erkennt die relevante Information, schlägt eine Änderung im entsprechenden Prozessmodell vor und stößt nach Freigabe durch den Prozessverantwortlichen eine automatische Benachrichtigung an alle betroffenen Mitarbeitenden an.
Mehr Transparenz, weniger Aufwand
Dadurch wird der Digitale Zwilling zum zentralen Nervensystem für organisatorische Regeln und Kommunikation. Er fungiert als „Single-Point-of-Truth“ und etabliert eine „Ein-Kanal-Kommunikation“ für Prozessänderungen. Das bedeutet, dass das Managementsystem nicht mehr nur dokumentiert, was sein sollte, sondern in Echtzeit widerspiegelt, was tatsächlich entschieden und gelebt wird.
Unternehmen profitieren von einem transparenten, dynamischen System, das Wissen bündelt, Fehler reduziert und gleichzeitig die Änderungsdokumentation automatisiert.
Push statt Pull: KI verändert die Informationsvermittlung
Ein extrem detaillierter Digitaler Zwilling birgt die Gefahr, dass Mitarbeitende in der Informationsflut den Überblick verlieren. Die klassische Suche in einer riesigen Datenbank wäre frustrierend und zeitaufwendig. Die Lösung: Anstelle dessen, dass der Mitarbeitende aktiv nach Informationen suchen muss (Pull-Prinzip), bringt ihm die KI die relevanten Informationen genau dann, wenn er sie braucht (Push-Prinzip). Die „Holschuld“ des Mitarbeitenden wird zur „Bringschuld“ des Systems.
Kontextbezogene Informationen: Wie KI Inhalte genau dann liefert, wenn sie gebraucht werden
Dies wird durch intelligente Technologien wie Browser-Plugins realisiert. Das Plugin analysiert den Kontext, in dem sich eine Person befindet. Plant diese beispielsweise auf der Website der Deutschen Bahn eine Reise, erkennt das System, dass es sich um eine Dienstreise handeln könnte, und blendet automatisch die unternehmensinterne Reiserichtlinie aus dem Managementsystem ein. Der Mitarbeitende muss nicht mehr daran denken, im QM-System nachzuschauen – die Information kommt zu ihm. Dieses Prinzip lässt sich auf verschiedene Kontexte ausweiten, etwa auf SAP-Eingabemasken oder den physischen Standort (via GPS/NFC), sodass an einer Maschine direkt die passende Wartungsanleitung auf dem Tablet erscheint.
KI-gestützte Antwortsysteme: Wenn Mitarbeitende aktiv nach Informationen suchen
Für Fälle, in denen doch aktiv gesucht wird, kommen KI-basierte Antwortmaschinen zum Einsatz. Diese liefern nicht nur eine Liste von Dokumenten, sondern generieren eine präzise Antwort auf komplexe Fragen wie „An welchen Stellen widersprechen sich unsere Vorgaben?“.
Neue Rolle für Managementsystem-Verantwortliche: vom Dokumentar zum strategischen Berater
Die Einführung von KI-Technologien wie Speech Mining automatisiert die zeitintensivsten Aufgaben rund um das Managementsystem – die Erstellung und Pflege der Prozessdokumentation. Dies führt zu einem fundamentalen Wandel im Anforderungsprofil und Selbstverständnis entsprechender Fachkräfte. Ihre Hauptaufgabe ist nicht mehr das akribische Dokumentieren, sondern die strategische Nutzung der durch KI gewonnenen Erkenntnisse. Der Fokus verschiebt sich von der reinen Administration hin zu höherwertigen Tätigkeiten.
Automatisierung schafft Raum für Strategie
Zukünftige Managementsystem-Verantwortliche werden zu internen Beratern und Moderatoren. Sie müssen die von der KI generierten Prozessmodelle und Daten analysieren, interpretieren und daraus strategische Verbesserungspotenziale ableiten. Anstatt Prozesse selbst zu beschreiben, moderieren sie Diskussionen im Team, um die von der KI vorgeschlagenen Änderungen zu validieren und zu implementieren.
Neue Kompetenzen für zukunftsorientierte Managementsystem-Verantwortliche
Dafür benötigen sie neue Kompetenzen: ein grundlegendes technologisches Verständnis, um die KI-Tools effektiv zu nutzen, starke analytische Fähigkeiten, um Daten zu interpretieren, und eine strategische Denkweise, um das große Ganze im Blick zu behalten. Gleichzeitig bleiben Kommunikationsfähigkeiten entscheidend, um den Wandel im Unternehmen zu begleiten, Akzeptanz für neue Technologien zu schaffen und die Ergebnisse überzeugend zu vermitteln.
Beauftragte für Managementsysteme werden somit vom Prozess-Dokumentar zum Prozess-Architekten und -Optimierer, dessen Wert in der intelligenten Steuerung und Beratung liegt.
Fazit: KI macht Managementsysteme intelligent und wertschöpfend
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz leitet einen Paradigmenwechsel für Managementsysteme ein. Durch Automatisierung, wie mit Speech Mining, und die Schaffung eines dynamischen „Digitalen Zwillings“ wandelt sich das Managementsystem vom reaktiven Instrument zum proaktiven, wertschöpfenden Partner, der die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens stärkt.
Fachkräfte werden von repetitiven Dokumentationsaufgaben entlastet und können sich auf das Wesentliche konzentrieren: die strategische Analyse und Optimierung von Abläufen. Die Fähigkeit, diese neuen Technologien zu nutzen, wird somit zum entscheidenden Faktor, um das Managementsystem als treibende Kraft für Innovation und Erfolg im Unternehmen zu etablieren.
Mehr in den kompletten Videocast-Folge erfahren
Die kompletten Videocast-Folgen finden Sie im TÜV Rheinland Youtube-Channel:
Empfehlung
Die rasante Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) beeinflusst nahezu jede Branche und jeden Berufszweig. Ob Sie Prozesse optimieren, neue Geschäftsmodelle schaffen oder den Wissensvorsprung Ihres Teams sichern möchten: eine zielgerichtete KI-Weiterbildung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Die TÜV Rheinland Akademie unterstützt Sie mit einem umfassenden Weiterbildungsportfolio – passend zum individuellen Reifegrad – ob für Starter, Explorer oder Enabler in Sachen Künstlicher Intelligenz. Finden Sie Ihr passgenaues Seminar →
Managementsystem-Verantwortlichen im Bereich Qualität empfehlen wir das Seminar: Einsatzmöglichkeiten von KI im Qualitätsmanagement. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Prozesse mit Hilfe von künstlicher Intelligenz weiterentwickeln können. Mehr erfahren und anmelden →