
Dekarbonisierung und Energieeffizienz: Wie Unternehmen klimafreundlich und wettbewerbsfähig bleiben.
Die Energiewende stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, insbesondere in energieintensiven Branchen. Der Druck, CO2-Emissionen zu senken, Energiekosten zu reduzieren und gesetzliche Vorgaben einzuhalten, wächst stetig. Dabei spielen zwei Konzepte eine zentrale Rolle: Dekarbonisierung und Energieeffizienz.
Doch wie können Unternehmen diese Strategien effektiv umsetzen? Welche Maßnahmen helfen, den Standort Deutschland langfristig zu sichern? Und welche neuen Jobprofile entstehen durch die steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Klimaschutz?
Im TÜV Rheinland Akademie-Podcast „Podcademy Island“ haben wir diese Fragen mit einem Energiemanagement-Experten diskutiert. Hier erfahren Sie, welche Erkenntnisse wir aus dem Gespräch mitgenommen haben.
Dekarbonisierung und Energieeffizienz. Was ist der Unterschied?
Dekarbonisierung und Energieeffizienz sind zwei zentrale Ansätze, die oft gemeinsam genannt werden, aber unterschiedliche Ziele verfolgen. Dekarbonisierung bezeichnet Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in Unternehmen. Dabei geht es vor allem darum, fossile Energieträger wie Kohle, Öl oder Gas durch klimafreundlichere Alternativen zu ersetzen. Dies kann durch den Einsatz erneuerbarer Energien, den Umstieg auf CO2-arme Produktionsmethoden oder eine verbesserte Kreislaufwirtschaft geschehen.
Energieeffizienz hingegen bedeutet, vorhandene Energie optimal zu nutzen, um den Energieverbrauch zu minimieren, ohne dabei auf Leistung oder Produktivität zu verzichten. Dies kann beispielsweise durch effizientere Maschinen, Wärmerückgewinnung, smarte Steuerungssysteme oder verbesserte Produktionsprozesse erreicht werden.
Während Dekarbonisierung also den Wechsel auf CO2-arme Energiequellen fokussiert, zielt Energieeffizienz darauf ab, den Energieeinsatz insgesamt zu senken. Beide Konzepte sind eng miteinander verbunden und erzielen die besten Effekte, wenn sie gemeinsam zum Einsatz kommen.
Standortsicherung energieintensiver Unternehmen in Deutschland: Wie Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Energieeffizienzsteigerung dazu beitragen.
Energieintensive Unternehmen stehen in Deutschland unter enormem wirtschaftlichem Druck. Einerseits müssen sie die hohen Energiepreise und die steigende CO2-Bepreisung bewältigen, andererseits lockt die Verlagerung der Produktionsstandort ins Ausland, wenn dort günstigere Bedingungen vorherrschen. Eine Standortsicherung dieser Unternehmen in Deutschland ist daher nur möglich, wenn sie den gesetzlichen sowie gesellschaftlichen Anforderungen an den Klimaschutz gerecht werden und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben.
Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Energieeffizienzsteigerung spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Indem Unternehmen beispielsweise auf Grünstrom umsteigen, energieintensive Prozesse optimieren oder innovative Technologien wie die Wasserstoffnutzung implementieren, können sie ihre CO2-Emissionen senken und langfristig Energiekosten sparen.
Unternehmen profitieren so nicht nur von niedrigeren Betriebskosten, sondern können auch Förderungen und Subventionen in Anspruch nehmen. Staatliche Förderprogramme für energieeffiziente Technologien oder steuerliche Entlastungen für klimafreundliche Investitionen machen die Transformation wirtschaftlich tragfähig. So bleibt der Standort in Deutschland attraktiv, während gleichzeitig ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.
Vernetztes Vorgehen auf europäischer Ebene ist dabei essenziell, da gemeinsame Regelungen und Förderstrukturen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie im internationalen Vergleich stärken können.
Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) und dessen Auswirkungen auf den Fachkräftebedarf im Bereich Energie- und Umweltmanagement.
Das im November 2023 verabschiedete Energieeffizienzgesetz stellt klare Anforderungen an Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch. Konkret müssen Unternehmen, die mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) Energie pro Jahr verbrauchen, bis spätestens Juli 2025 ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS einführen. Dies betrifft nach Schätzung des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) aktuell noch ca. 6.000 Unternehmen in Deutschland – wiederum 6.000 Betriebe haben die Implementierung entsprechender Managementsysteme bereits absolviert. Unternehmen, die die neuen Anforderungen nicht erfüllen, können hohe Bußgelder drohen.
Doch mit der Einführung eines Managementsystems ist es nicht getan. Unternehmen sind verpflichtet, Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung konkret nachzuweisen und nicht nur abstrakte Ziele zu setzen. Der Fokus liegt somit auf messbaren Fortschritten bei der Reduzierung des Energieverbrauchs.
Die Umsetzung dieser Anforderungen führt zu einem steigenden Bedarf an Fachkräften. Unternehmen benötigen verstärkt Energie-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsexperten, die die erforderlichen Maßnahmen planen, koordinieren und überwachen. Darüber hinaus wächst die Nachfrage nach unabhängigen Prüforganisationen und externen Auditoren, die Auditierungen, Validierungen und Zertifizierungen durchführen.
Interessante Weiterbildungen für Sie.
Diese Jobrollen werden auf dem Arbeitsmarkt deshalb verstärkt nachgefragt.
Durch die neuen gesetzlichen Vorgaben und die steigende Bedeutung von nachhaltigem Wirtschaften entstehen neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Besonders gefragt sind folgende Jobprofile:
Energiemanager
übernehmen die Verantwortung für die Optimierung des Energieverbrauchs im Unternehmen. Sie entwickeln Strategien zur Energieeffizienzsteigerung, analysieren Verbrauchsdaten und setzen Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs um. Dabei arbeiten sie eng mit verschiedenen Abteilungen zusammen, um energieeffiziente Prozesse zu implementieren, Technologien zur Verbrauchsreduktion einzuführen und nachhaltige Betriebsabläufe zu etablieren.
Zudem beraten sie die Geschäftsführung hinsichtlich Investitionen in erneuerbare Energien oder alternative Energiequellen, um langfristig Kosten zu senken und gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Einführung und Pflege eines Energiemanagementsystems gemäß ISO 50001 sowie die Vorbereitung auf Energieaudits und Zertifizierungen.
Umweltmanager
Umweltmanager kümmern sich um die Einhaltung von Umweltauflagen. Sie stehen im engen Austausch mit Behörden und sorgen dafür, dass das Unternehmen umweltfreundlicher wirtschaftet. Dazu gehört die Überwachung von Emissionen, Abfallmanagement und Ressourcenschonung.
Sie implementieren und steuern Umweltmanagementsysteme gemäß ISO 14001 oder EMAS, um die Umweltauswirkungen eines Unternehmens zu minimieren. Sie führen Umweltanalysen und Umweltaudits durch, damit sich umweltschonende Praktiken innerhalb der Organisation kontinuierlich verbessern. Darüber hinaus sensibilisieren sie Mitarbeitende für Umweltthemen und koordinieren Projekte zur Verbesserung der ökologischen Leistung.
Klimamanager
Klimamanager sind verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Reduzierung der CO2-Emissionen und Dekarbonisierung von Organisationen. Sie erstellen, analysieren und bewerten die Treibhausgasbilanz, einschließlich der Emissionen aus Scope 1 (direkte Emissionen), Scope 2 (indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie) und Scope 3 (alle weiteren indirekten Emissionen). Daraus ergibt sich die Koordination von Projekten zur Reduktion von Treibhausgasen in allen drei Scopes.
Sie arbeiten an der Umstellung auf klimaneutrale Produktionsprozesse, erforschen Einsatzmöglichkeiten alternativer Energiequellen wie Wasserstoff oder Biogas und überwachen den Fortschritt bei der Erreichung der Klimaziele. Außerdem unterstützen sie Unternehmen bei der Anpassung an gesetzliche Vorgaben in den Bereichen Emissionshandel und CO2-Bepreisung.
Nachhaltigkeitsmanager
haben eine übergeordnete, strategische Rolle und entwickeln Konzepte zur langfristigen Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks eines Unternehmens. Sie sorgen dafür, dass nachhaltige Ziele in die Unternehmensstrategie integriert werden und arbeiten an konkreten Maßnahmen zur Erreichung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). Dazu gehört die Entwicklung langfristiger Dekarbonisierungspläne, die Zusammenarbeit mit Lieferanten zur Förderung nachhaltiger Lieferketten sowie die Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsmodellen.
Zudem übernehmen sie die Kommunikation mit Stakeholdern, erstellen Nachhaltigkeitsberichte und beraten die Geschäftsführung bei der Umsetzung klimafreundlicher und sozialer Unternehmensziele.
Energieauditoren und Umweltgutachter
Energieauditoren und Umweltgutachter sind externe Experten von unabhängigen Prüfgesellschaften, die Unternehmen hinsichtlich der Einhaltung von Energie- und Umweltstandards (z.B. ISO 50001, ISO 14001 oder EMAS) objektiv überprüfen. Sie führen Audits durch und analysieren, ob gesetzliche oder normative Vorgaben eingehalten werden. Sie bewerten die Wirksamkeit von Klimaschutz- und Dekarbonisierungsmaßnahmen und prüfen, ob eine kontinuierliche Verbesserung der Energie- oder Umweltleistung erreicht wurde und eruieren so die Zertifizierfhigkeit eines Unternehmens. Mit Ihrer Arbeiten leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung der Klimaziele.
Fazit.
Dekarbonisierung und Energieeffizienz sind für Unternehmen nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Während Energieeffizienz darauf abzielt, den Energieverbrauch zu senken, bedeutet Dekarbonisierung eine grundsätzliche Umstellung auf klimafreundliche Technologien. Idealerweise setzen energieintensive Unternehmen beide Konzepte ein, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und gesetzliche Vorgaben, z.B. durch das Energieeffizienzgesetz (EnEfG), einzuhalten.
Bedingt durch diesen Transformationsdruck steigt der Bedarf an Fachkräften in den Bereichen Energiemanagement, Umweltmanagement und Umwelttechnik sowie Nachhaltigkeit – nicht nur in der Industrie, sondern auch bei Prüforganisationen. Kompetenzerwerb in den genannten Themenfelder rückt dadurch immer mehr in den Fokus.
Mehr in der Videocast-Folge erfahren.
Teil 1 der Videocast-Folge finden Sie in unserem Youtube-Channel.
Zur Folge "Dekarbonisierung & Energieeffizienz – nachhaltig in die Zukunft | Teil 1"
Teil 2 der Videocast-Folge finden Sie in unserem Youtube-Channel.
Zur Folge "Dekarbonisierung & Energieeffizienz – nachhaltig in die Zukunft | Teil 2"